Saat in den Sturm by Herbert Brunnegger

Saat in den Sturm by Herbert Brunnegger

Autor:Herbert Brunnegger [Brunnegger, Herbert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Ares Verlag
veröffentlicht: 2016-02-15T00:00:00+00:00


Durch Tod, Verwundungen und Erfrierungen werden die Verteidiger in den Randgebieten des Kessels immer weniger. Der Feind greift ungestüm an, bei Tag und bei Nacht. Es ist das alte viehische Schlachten; nicht wie in Romanen, Mann gegen Mann, sondern Mann gegen dreißig, fünfzig! – oder die Sekundenschußleistung von 25 aus unserem neuen MG 42 gegen die Massen „Urräääh!“ brüllender Rotarmisten, mit den Maschinenpistolen ihrer Kommissare im Rücken.

Wenn ich keinen Fahrtauftrag habe, liege ich mit meinen Kameraden auf Wache hinter dem Maschinengewehr, der „Hitlersäge“, wie sie vom Feind genannt wird. Alles, was wir an Beutewaffen kriegen können, haben wir in die Verteidigung mit einbezogen. Munition für die russischen MG- und MP-Trommeln haben wir mehr als deutsche, die eingeflogen werden und ihren weiten Weg bis zu unseren Stellungen finden muß. Unsere Männer von der Panzerabwehr haben ihre ausgefallenen 3,7-cm-Paks durch die russischen Krupp-Paks (4,7 cm) ersetzt. Nach Abwehr eines Nachtangriffes schleichen wir in das Vorfeld und ziehen den gefallenen Gegnern die Filzstiefel, Schneehemden und Wattejacken aus. Das Verbot, die russischen Fellmützen zu tragen, wird rigoros umgangen – und nicht geahndet. Seit wir uns die Fellhandschuhe der toten Iwans aneignen, gibt es kaum mehr Frostschäden an den Händen. Für den, der in russischer Adjustierung in Feindeshand fällt, ist es besser, sich eine Kugel durch den Kopf zu jagen, als auf Pardonierung zu hoffen. Für meine Person habe ich es vorgezogen, in deutschen Klamotten zu bleiben. Mit einem Verwundeten, der in die Heimat abging, habe ich meine Handschuhe gegen seine Fellfäustlinge getauscht. Ihn hatte ich, nachdem alle übernehmenden Sankas überfüllt waren, bis an die Ju 52 auf den Feldflugplatz in Demjansk gebracht. Zum Fahren sind die Fäustlinge ja prima, aber zum Schießen muß ich jedesmal mit meiner Rechten heraus.

Trotzdem gibt es jeden Tag neue schwere Erfrierungen. Mit den russischen Uniformstücken ziehen wir uns auch das tödliche Fleckfieber auf den Leib. Die Ruhr geht um und verlangt ihre Opfer. Unsere „Unterkünfte“ stinken von Kot und den in faulenden Brand übergehenden, erfrorenen Gliedern. Die Schwerverwundeten lauschen unruhig nach dem Kampflärm und dem Angriffsgebrüll der Russen. Die noch handlungsfähigen Schwerverwundeten kauern an den Fenstern, beobachten den Feind und bedienen die Gurtmaschinen, machen Handgranaten und Tellerminen scharf und ziehen Gewehrmunition auf Ladestreifen auf – Tag um Tag, denn der Feind beherrscht die Verbindungswege zwischen den von uns verteidigten Dörfern.

Das Datum meines winzigen Kalenders stimmt wohl nicht mehr ganz genau. Ist ja auch scheißegal! Wir stecken auf jeden Fall in der zweiten Februarhälfte, und ich habe Wache am MG, an der in Richtung Kalitkino–Demjansk führenden Straße; hinter mir die Scheune mit den aufgestapelten Gefallenen und Erfrorenen, auf der anderen Straßenseite steht unsere russische Beute-Pak. Bisher hatte sie noch nicht viel zu tun. Aus dem Kesselinneren hatten Panzer bisher noch nicht angegriffen. Das Geschütz ist daher in die allgemeine Kampfrichtung gedreht worden, um von seinem überhöhten Standort in die Tiefe des Gefechtsfeldes wirken zu können.

Aus der Richtung der hinter uns liegenden Siedlung kommen zwei Heuschlitten näher. Bei der klaren Sicht erkenne ich durch das Glas trotz der großen Entfernung genau die Klepper vor den Fuhren.



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